Endlich bin ich da wo ich hinwollte... Ich stoppe meine Maschine am Straßenrand und denke an das, was mich erwartet: Endlose Kurvenfolgen liegen vor mir, enge, weite, langsame, schnelle, ein Paradies für jeden Kurvenräuber!
Mit einem sanften Klacken rastet der erste Gang ein und die giftgrüne Kawasaki nimmt fahrt auf. Im Kopf gehe ich noch mal jede der nun folgenden Kurven durch, jeden Bremspunkt, jeden Einlenkpunkt, jede Eigenart die mich erwarten wird - los geht's! Gas auf Anschlag, Vorderrad in die Luft und das ganze untermalt von einem Sound gegen den die Jericho-Trompeten ein drittklassiges Fußgängerzonen-Blas-Ensemble sind. Nun beginnt das wahre Leben. Die erste Kurve nähert sich, ich verzögere hart, begebe mich in einen ordentlichen Hang-off und reiße die Maschine in Schräglage. Aufrichten und voll durchladen! Die Vorgänge sind völlig automatisiert, Mensch und Maschine bilden eine Einheit: Bremsen, Hang-Off, einlenken, Aufrichten und gleichzeitig das Gas öffnen - wieder und immer wieder.
Wenige Kurven später taucht endlich das erste motorisierte Zweirad auf. Leider handelt es sich dabei um eine bayrische 2-Zylinder-Boxer-Gummikuh, deren höchstwahrscheinlich graubärtiger Fahrer mit seinem Klapphelm perfekt in das typische Klischee passt. Ich reduziere mein Tempo um ihm die ein oder andere Kurve zu folgen, aber bald wird mir klar: Schräglagen über 10° kennt er nur vom Hörensagen.
Frustriert reiße ich den Gashahn auf und lasse ihn schnell hinter mir. Das Spiel beginnt von vorne: links, rechts, beschleunigen, bremsen. Kurve für Kurve, Gerade für Gerade. Ein Gefühl von Freiheit überkommt mich und ich muss unweigerlich grinsen. Erst eine rote Ampel kann meine Jagd stoppen.
Während ich im stillen alle Flüche die mir in den Sinn kommen gegen die Ampelanlage schmettere, ertönt hinter mir ein sonores Bollern - ganz klar, das ist ein V2!